Über 20 Kupferstichtafeln illustrieren einen Festakt
Die erste preußische Krönung im Jahr 1701
Der Ursprung der preußischen Krone lag nicht in Erbschaft, Krieg, Wahl oder Erhebung. Die preußische Krone wurde auf diplomatischem Weg in Verhandlungen mit dem Kaiser des Heiligen Römischen Reichs neu geschaffen. Dabei wirkten sich die politischen Umstände günstig auf das Vorhaben aus, sorgten aber auch dafür, dass die preußische Krönung nicht die gewünschte Aufmerksamkeit erhielt.
Das sollte die Kupferstichfolge zur Krönung ändern, die 1712 begleitend zu dem Bericht Preußische Krönungsgeschichte des Oberzeremonienmeisters Johann von Besser herausgegeben wurde. Diese Festbeschreibung hielt die zeremonielle Inszenierung der Krönung dauerhaft fest und trug zur Machtentfaltung bei. Die ausführliche Kommentierung durch Besser bietet heute den großen Vorteil, dass Entscheidungen zum Ablauf der Krönung nachvollzogen werden können. Bilder und Text stellen zusammen die wichtigste Quelle zum Hergang der ersten preußischen Krönung dar, auch wenn es sich keinesfalls um einen Tatsachenbericht handelte.
Während der Krönung Friedrichs I. – und deshalb auch in der Kupferstichfolge – geschah nichts zufällig. Zeremoniell und Protokoll gehörten im absolutistischen Zeitalter um 1700 zum höfischen Alltagsgeschäft. Deshalb war der zeremonielle Ablauf der Krönungsfeierlichkeiten von Friedrich und seinem Beraterstab sorgfältig inszeniert und gibt Aufschluss über das Selbstverständnis des ersten preußischen Königs.
Entstehung und Produktion
Johann von Besser brachte seine Krönungsgeschichte in einer ersten Druckfassung bereits 1702 – und damit ein Jahr nach der Krönung – heraus. Die zweite Ausgabe mit den begleitenden Kupferstichen folgte aber erst 1712. Die illustrierenden Kupferstiche in der vorliegenden Anzahl und Größe steigerten die Bedeutung der Krönung und des dazugehörigen Festbuchs zwar enorm, waren in ihrer Herstellung aber teuer und zeitaufwendig.
Der Produktionsablauf zeigt, dass keine realitätsgetreue Darstellung, sondern die zeremonielle Inszenierung im Vordergrund stand. Zwar war Johann von Besser bei der Krönung selbst anwesend und griff bei seinem Bericht auf eigene Beobachtungen zurück. Ob das jedoch auch für den Maler Johann Friedrich Wentzel (1670–1729) galt, der die Zeichnungen zu der Bildfolge anfertigte, bleibt bis heute unklar. Nach den Zeichnungen stellte der Kupferstecher Johann Georg Wolfgang (1664–1744), der erst 1704 als Hofkupferstecher an den Berliner Hof kam, die Druckplatten her, von denen eine limitierte Anzahl an Abzügen gemacht wurde.
Der Weg zur Krone
Der Wunsch nach Gleichberechtigung
Friedrich sah sein Streben nach einem Königstitel für die Hohenzollern gerechtfertigt: Die verwandtschaftlichen Verbindungen, politischen Bündnisse, der große Herrschaftsbereich, das große Kriegsheer und die prächtige Ausstattung des Hofes bewiesen bereits königlichen Status. Als Kurfürst war er gewissermaßen Königen gleich und nur dem Kaiser des Heiligen Römischen Reiches untergeordnet. Doch es mangelte an der Anerkennung dieser Gleichberechtigung gegenüber Königen außerhalb des Reiches. Auch die ‚Monarchisierung‘ deutscher Fürstenhäuser Ende des 17. Jahrhunderts – Wilhelm von Oranien bestieg den englischen Thron und der sächsische Kurfürst wurde König von Polen – bestätigte Friedrich in seinem Streben nach der Königskrone.
Der gescheiterte erste Versuch
Im ersten Anlauf lehnte Kaiser Leopold I. im Jahr 1693 den Wunsch des Kurfürsten nach einer Königswürde allerdings ab. Zwar wollte Friedrich ein von Kaiser und Reich unabhängiges Königtum, doch die Zustimmung des Kaisers war dennoch wichtig. Denn ein Titel galt nichts, wenn andere ihn nicht anerkannten. Das kaiserliche Einverständnis sollte daher eine zügige Anerkennung seiner Rangerhöhung durch die anderen europäischen Fürsten garantieren.
Endlich erfolgreich!
Im Jahr 1698 spielte dem brandenburgischen Kurfürsten der Streit um die Erbfolge des kinderlosen Karl II. von Spanien in die Hände, der sich vor allem zwischen dem Kaiser und dem französischen König austrug. Mit dem Tod Karls II. am 1. November 1700 wurde ein militärisches Aufeinandertreffen der beiden Großmächte immer wahrscheinlicher. Der Kaiser geriet unter Druck und bemühte sich um die Unterstützung des brandenburgischen Kurfürsten. Er brachte daher die Verhandlungen um die preußische Königswürde zu einem schnellen Abschluss. Im Krontraktat vom 27. November 1700 sicherte Kaiser Leopold I. seine Anerkennung zu. Im Gegenzug verpflichtete sich Friedrich, den Kaiser im Falle eines bewaffneten Konflikts um die spanische Erbfolge mit Soldaten zu unterstützen.
Friedrich I., König in Preußen (1657–1713)
Friedrich aus dem Haus Hohenzollern war ab 1688 Kurfürst von Brandenburg (als Friedrich III.) und ab 1701 König in Preußen (als Friedrich I.). Er war ein typischer Fürst seiner Zeit mit ausgeprägtem Repräsentationsbedürfnis und Rangbewusstsein. Der Erwerb der preußischen Krone war einer seiner größten Erfolge und diente auch der Einheit der verstreuten Territorien in Preußen und Brandenburg, die bisher allein durch die Person des Herrschers zusammengehalten wurden und keinen gemeinsamen Namen trugen.
Brandenburg und Preußen erlebten unter seiner Regierung eine kulturelle Blütezeit. Friedrich brachte Künstler und Wissenschaftler an seinen Hof und ließ Berlin zur barocken Residenzstadt umbauen. Der große Hofstaat, prachtvolle Residenzen, luxuriöser Lebensstil waren Friedrichs Statussymbole, die aber die Ausgaben immens steigerten. Deshalb prägten auch arg belastete Staatsfinanzen und Korruption seine Regentschaft.
Johann von Besser (1654–1729)
Johann von Besser wurde von Friedrich für seine Kenntnisse im europäischen Zeremoniell sehr geschätzt und 1690 zum ersten Zeremonienmeister am brandenburgischen Hof ernannt. In dieser Funktion war er für die Einführung von auswärtigen Gesandten am Hof zuständig und beschäftigte sich mit der zeremoniellen Positionierung der Hohenzollern im Gefüge der europäischen Herrscher. Ein Höhepunkt seiner Karriere war die Inszenierung der preußischen Königskrönung, an deren Vorbereitung und Durchführung er als Oberzeremonienmeister beteiligt war.