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Wechselnde Präsentationen in der Schatzkammer

Kostbarkeiten aus den
Sammlungen der Bibliothek

Die Schatzkammer des Museums befindet sich unterhalb der Ebene der ständigen Ausstellung und ist über eine Treppe sowie barrierefrei über einen Fahrstuhl erreichbar. Hier werden besonders herausragende Stücke aus den vielfältigen Sammlungen der Bibliothek gezeigt. Zum anspruchsvollen konservatorischen Grundkonzept des Museums gehört ein laufender Wechsel wertvoller und fragiler Exponate. Diese Anforderung wird in der Schatzkammer besonders streng umgesetzt: Nach jeweils drei Monaten müssen alle Objekte komplett ausgetauscht werden.

Das bedeutet, dass pro Jahr vier verschiedene Präsentationen in der Schatzkammer zu sehen sind. Gäste, die das Museum mehrfach besuchen, können so immer wieder neue Stücke entdecken.

In der Eröffnungsausstellung sind 26 Exponate zu sehen, zu denen unter anderem das Kyrie aus der h-Moll-Messe von Johann Sebastian Bach und ein im 16. Jahrhundert in Berlin gedrucktes Astrolabium – ein astronomisches Mess- und Recheninstrument – gehören.

Die Schatz·kammer ist ein besonderer Raum im Museum.
Dort zeigen wir ganz besondere Sachen
aus verschiedenen Sammlungen.
Die Sachen sind wertvoll.
Einige Sachen sind sehr empfindlich.
Auf diese Sachen muss man sehr gut aufpassen.
Sie gehen ganz leicht kaputt.

Diese wertvollen Sachen dürfen nicht lange ausgestellt werden.
Deshalb zeigt das Museum alle 3 Monate andere Ausstellungs·stücke in der Schatz·kammer.

Wenn Sie das Museum öfter besuchen,
dann können Sie immer wieder neue Sachen entdecken.

„Wohltemperiert ausgestellt!“ – Das Wohltemperierte Klavier von Bach in der Präsentation der Stabi-Schatzkammer


Die Archidoxa von Leonhardt Thurneysser zum Thurn


Das Bibliotheksmuseum bietet – wie bei sommerlichen Temperaturen angenehm zu überprüfen – ein stabiles, kühles Klima, dabei angemessen gedämpftes Licht und natürlich sichere Bedingungen für die einzigartigen und wertvollen Ausstellungsobjekte, die hier präsentiert werden. „Wohltemperiert“ passt besonders feinsinnig bei einer aktuellen Auslage in der Schatzkammer, denn Bachs berühmtestes Werk für Klavier wird hier in den kommenden drei Monaten ausgestellt.

Über die Entstehungsgeschichte des Werkes, das bekanntlich aus 24 Präludien und 24 Fugen durch alle Dur- und Moll-Tonarten besteht, wissen wir sehr wenig. Die Reinschrift des Werkes ist vom Komponisten selbst auf dem Titelblatt auf das Jahr 1722 datiert worden. Dass der Komponist diesem Werk einen besonderen Stellenwert einräumte, wird aus der von Ernst Ludwig Gerber überlieferten Geschichte deutlich, in der sein Vater den Unterricht bei Bach schilderte:

„In der ersten Stunde legte er ihm seine Inventiones vor. Nachdem er diese zu Bachs Zufriedenheit durchstudirt hatte, folgten eine Reihe Suiten und dann das temperirte Klavier. Dies letztere hat ihm Bach mit seiner unerreichbaren Kunst dreymal durchaus vorgespielt; und mein Vater rechnete die unter seine seligsten Stunden, wo sich Bach, unter dem Vorwande, keine Lust zum Infomiren zu haben, an eines seiner vortrefflichen Instrumente setzte und so diese Stunden in Minuten verwandelte.“ (Ernst Ludwig Gerber, Historisch-Biographisches Lexicon der Tonkünstler, Leipzig 1790)

Das erste Blatt des Wohltemperierten Klaviers trägt den vollständigen Titel:

Das Wohltemperirte Clavier. | oder | Præludia, und | Fugen durch alle Tone und Semitonia, | So Wohl tertiam majorem oder Ut Re Mi anlan, | gend, als auch tertiam minorem od Re. | Mi Fa betreffend. Zum | Nutzen und Gebrauch der [korrigiert] Lehr-Begierigen | Musicalischen Jugend, als auch derer in diesem Stu, | dio schon habil seÿenden besonderem | ZeitVertreib auffgesetzet | und verfertiget von | Johann Sebastian Bach. | p. t: Hochf. Anhalt= | Cöthenischen Capel ,, | Meister und Di ,, | rectore der | CaḿerMu = | siquen. | Anno | 1722.

Wie die ganze Handschrift ist auch gerade dieser Titel kalligraphisch besonders schön gestaltet. Es ist davon auszugehen, dass Bach die Handschrift während seines ganzen weiteren Lebens intensiv zum Unterricht benutzt hat und dabei auch kleine Veränderungen oder Korrekturen in dem ansonsten erstaunlich wenig überarbeiteten ursprünglichen Manuskript anbrachte. Die intensive Befassung mit diesem Werk führte in den 1740er Jahren dann zu einer zweiten Sammlung von ebenso vielen Präludien und Fugen, wobei dieses Autograph heute in London aufbewahrt wird.

Das Autograph von Bachs Wohltemperiertem Klavier umfasst 90 Seiten (ein Blatt ist heute verschollen) im Format von 31 x 19 cm. Seit 1874 befindet es sich im Bestand der Bibliothek als Geschenk des Marburger Anatomieprofessors Dr. Guido Richard Wagener (1822–1896), dem die Musiksammlung auch weitere bedeutende Handschriften verdankt. Zu diesem Zeitpunkt gab es in Berlin bereits eine bedeutende Musiksammlung mit vielen Bach-Autographen, die bis heute erweitert wird. Nach Bachs Tod hat vermutlich sein ältester Sohn Wilhelm Friedemann (1710–1784) das Autograph geerbt. Anschließend gibt es eine Lücke im Nachweis, so dass wir bis heute nicht wissen, wann und wie die Handschrift an den Komponisten Robert Volkmann (1815-1883) überging. In dessen Besitz jedoch soll sie in Pest bei einer Überschwemmung der Donau in den 1840-er Jahren einen Wasserschaden erlitten haben. Nach Volkmann besaß dann Wagener das Autograph bis 1874.

Ausgestellt sind in den kommenden Monaten neben dem Titelblatt des Wohltemperierten Klaviers auch die Fuge 1 in C-Dur (BWV 846) sowie die besonders komplexe vierte Fuge (BWV 849) in der Tonart cis-Moll, die fünfstimmig angelegt ist. Sie hat insgesamt drei Fugenthemen, was ihre Ausnahmestellung unter den Klavierfugen ebenfalls betont.

Weitere Informationen:
Erwerbung einer kostbaren Abschrift des Wohltemperierten Klaviers

Zur Erwerbung der autographen Bach-Kantate „Herr Gott dich loben alle wir“ für die Staatsbibliothek zu Berlin (Bibliotheksmagazin, S. 70 ff.) 

Alle Textzeugen von Bachs eigener Hand sowie die abschriftlichen Manuskripte des Wohltemperierten Klaviers im Bestand der SBB

Das Autograph des Wohltemperierten Klaviers




Ausschnitt „Das Wohltemperierte Klavier“
aus Digitalisierte Sammlungen der Staatsbibliothek zu Berlin
Zum Digitalisat 




Leonhardt Thurneysser zum Thurn: Archidoxa, Astrolabium, Berlin, 1575. SBB-PK / Fotostelle. CC BY-NC-SA 4.0 Zum Digitalisat



Ein einzigartiges Zeugnis der Berliner Druckgeschichte ist die Archidoxa von Leonardt Thurneysser. Sie zählt zu seinen bekanntesten Werken und ist eine Zusammenstellung von astrologischen Überlegungen und Vorhersagen, zu der als Ergänzung ein sogenanntes Astrolabium gehört. Dieses sollte dazu dienen, ohne langwierige Berechnungen individuelle Horoskope und Prophezeiungen zu erstellen. Auf jeder Tafel befinden sich bis zu sechs drehbar montierte Scheiben, die unter anderem den Fixsternhimmel mit figürlichen Darstellungen der Sternbilder sowie einen spiralförmigen ‚Baum des Lebens‘ mit verschiedenen Prophezeiungen zeigen.


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