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Die Bibliothek nach dem Zweiten Weltkrieg in Ost und West
Wiederaufbau und Neuanfang
Von der Öffentlichen Wissenschaftlichen Bibliothek zur Deutschen Staatsbibliothek
Der Schwerpunkt der Arbeit in den ersten Monaten lag deshalb in der Wiederherstellung der Funktionsfähigkeit des Gebäudes und den Bemühungen um die Rückführung verlagerter Bestände in das Stammhaus Unter den Linden. Von den rund drei Millionen Bänden kehrten bis zum Ende des Jahres 1949 rund 900.000 aus den Verlagerungsorten in das Haus Unter den Linden zurück. Weitere Rückführungen von verlagertem Besitz nach Berlin (Ost) erfolgten 1957 mit der Übergabe wertvoller Bestände durch die Sowjetunion und 1965 mit der Rückkehr von 90.000 naturwissenschaftlichen und technischen Veröffentlichungen sowie Zeitschriften und Zeitungen aus Polen.
Von der Öffentlichen Wissenschaftlichen Bibliothek zur Deutschen Staatsbibliothek
Wie kaum eine andere Bibliothek in Deutschland war die Berliner Staatsbibliothek von den Folgen des Zweiten Weltkriegs betroffen. Das Gebäude Unter den Linden wurde im Krieg schwer beschädigt, der Kuppellesesaal war unbenutzbar und die Bestände auf viele Auslagerungsorte verstreut. Die wichtigsten Maßnahmen nach Kriegsende bestanden in der Sicherung der Bausubstanz und der Rückholung von Beständen aus Verlagerungsorten innerhalb der sowjetischen Besatzungszone. Am 1. Oktober 1946 nahm die Öffentliche Wissenschaftliche Bibliothek (ÖWB) den Benutzungsbetrieb wieder auf, 1954 erfolgte die Umbenennung in Deutsche Staatsbibliothek (DSB). Die DSB war die zentrale wissenschaftliche Universalbibliothek der DDR, fungierte mit der Deutschen Bücherei in Leipzig als Nationalbibliothek. Sie war für die Sammlung des deutschsprachigen Schrifttums vor 1913 und den Erwerb ausländischer Forschungsliteratur zuständig.
Die Wiederherstellung des Gebäudes kam 1955 vorerst zu einem Abschluss, der Kuppellesesaal blieb jedoch als Ruine im Zentrum des Gebäudes stehen. Erst zwanzig Jahre später wurden auch die Reste des Lesesaals abgerissen. In der Baulücke wurden Anfang der 1980er Jahre vier Magazintürme errichtet, um die dringendsten Raum- und Magazinprobleme zu lösen.
Von der Hessischen Bibliothek zur
Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz
Die Westdeutsche Bibliothek in Marburg
Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs und der Auflösung Preußens gelangten die in der amerikanischen Besatzungszone aufgefundenen verlagerten Bestände der Staatsbibliothek nach Marburg an der Lahn. Sie fanden dort ab 1946 zunächst als Hessische Bibliothek eine neue Heimat. Ab 1949 finanzierten die Bundesländer diese als überregionale Einrichtung, die nunmehr Westdeutsche Bibliothek hieß. Die in der französischen Besatzungszone lagernden Handschriften und Drucke wurden 1948 als ‚Depot‘ in die Universitätsbibliothek Tübingen überführt.
Im Zuge der kriegsbedingten Verlagerungen gelangte die Hauptmenge der Druckschriften und ein erheblicher Teil der kostbaren Sondersammlungen in Orte des westlichen beziehungsweise südwestlichen Teils von Deutschland. In Marburg/Lahn wurden die Bücher aus der amerikanischen Besatzungszone im Wilhelmsbau des Schlosses und im Gebäude der Universitätsbibliothek zusammengeführt und im Jahre 1946 der Öffentlichkeit zunächst als Hessische Bibliothek und dann ab 1949 als Westdeutsche Bibliothek zugänglich gemacht. Die in der französischen Besatzungszone aufgefundenen Bestände kamen als ‚Depot‘ in die Universitätsbibliothek Tübingen.
1962 übernahm die 1957 gegründete Stiftung Preußischer Kulturbesitz die Westdeutsche Bibliothek und auch das Tübinger Depot. Diese wurden nach Berlin (West) in die nunmehr Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz bezeichnete Institution zurückgeführt und in einem neuen, 1967–1978 errichteten Gebäude nach Plänen von Hans Scharoun untergebracht.