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Berlin als Zentrum emigrierter Künstlerinnen und Künstler

Zeugnisse der russischen Avantgarde
in der Staatsbibliothek


Wladimir Majakowski: Dlja golosa (Für die Stimme), Berlin, 1923.
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Russische Belletristik und Veröffentlichungen zu Literatur, Kunst- und Kulturgeschichte von 1900 bis 1939 gehören zu den Sammelschwerpunkten der Osteuropa-Abteilung der Staatsbibliothek zu Berlin. Dies gilt insbesondere für die avantgardistische Literatur sowie Publikationen in russischer Sprache mit Erscheinungsort Berlin. Etwa 3.000 Titel aus dieser bedeutenden Berliner Szene sind in den 1920er Jahren erschienen, davon sind rund 90 Prozent in der Staatsbibliothek vorhanden. Heute verfügt die Staatsbibliothek zu Berlin über eine der umfangreichsten Sammlungen an russischer Avantgarde-Literatur weltweit.



Die russische Avantgarde war ein Prozess der Erneuerung und Revolution auf allen Gebieten der Bildenden Kunst, Literatur, Musik und des Theaters in Russland zwischen 1905 und 1934.


Nach der Russischen Revolution bildete sich in Berlin ein Zentrum für russische Emigranten in Westeuropa. In den 1920er Jahren lebten hier auch viele bekannte russische Schriftsteller, Schauspielerinnen, bildende Künstler und Wissenschaftlerinnen. Erstaunlicherweise waren hier mehr als 70 russische Verlage und Verlagsbuchhandlungen tätig, es wurden Bücher, Zeitungen und Zeitschriften auf Russisch gedruckt. Das ‚russische Berlin‘ wurde Ende der 1970er Jahre zum Erwerbungsschwerpunkt der Osteuropa-Abteilung der Staatsbibliothek zu Berlin.


Herausragende Stücke in der Sammlung sind beispielweise die von Wladimir Majakowski 1919 herausgegebene Wandzeitung Gazeta futuristov (Zeitung der Futuristen) und sein Gedichtband Dlja golosa (Für die Stimme), der als Höhepunkt des russischen Konstruktivismus gilt. Zu den Besonderheiten der Sammlung gehören auch die frühen Werke von Marina Cvetaeva, Werke von Vladimir Nabokov, Ilja Ehrenburg, Aleksej Tolstoj und Lazar Lisickij sowie einige Materialien zum russischen Kleinkunsttheater Der blaue Vogel.


Wladimir Majakowski: Dlja golosa (Für die Stimme), Berlin, 1923. Zum Digitalisat

Der blaue Vogel:
Das Theater-Kunstblatt

Das Theater-Kunstblatt ist eine Sammlung von Programmen des legendären russischen Exil-Theaters Der blaue Vogel (Sinjaja ptica). Diese Kleinkunstbühne in Berlin-Schöneberg stand in den 1920er Jahren unter der Leitung ihres Mitbegründers Jakov Južnyj (1883–1938). Er sagte später von sich, dass er „1920 in Moskau gestorben und 1921 in Berlin geboren“ war.



Das erfolgreiche russische Kleinkunsttheater Der blaue Vogel fand beim deutschen Publikum und besonders bei Künstlerinnen und Künstlern viel Anerkennung und Zustimmung. Gesungen und gespielt wurde oft auch auf Russisch. Das Markenzeichen des Theaters war die lockere Mischung aus bilderbuchartigen Szenen aus dem russischen Volksleben, Parodien und lustigen Tänzen.

Die Mitglieder der Kleinkunstbühne traten bis 1929 in über 3.000 Vorstellungen in 20 europäischen Ländern und den USA auf.


Der blaue Vogel: Das Theater-Kunstblatt, Berlin, 1921–1922.

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