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Die Rolle des Leibarztes Christian Mentzel
Der große Kurfürst und China
Dieses Porträt des brandenburgischen Kurfürsten Friedrich Wilhelm ist Christian Mentzel (1622–1701) zugeschrieben. Die Aufschrift um das Porträt liest sich nach der Übersetzung des Sinologen Bertold Laufer (1874–1934) wie folgt: „1685 Anno Domini (unten); im 45. Jahr Brandenburgs (links); Porträt des Großen Kurfürsten, des Kriegers (oben); der überaus weise Kurfürst Pingsi [möglicherweise für Friedrich Wilhelm; 平ping = Frieden = Fried-rich], der Krieger, der Kaiser (rechts)“.
Porträt des Großen Kurfürsten mit chinesischer Beschriftung
Christian Mentzel: Arzt, Botaniker, Sinologe
Der mutmaßliche Urheber des Porträts, Christian Mentzel, hatte in Frankfurt an der Oder und Königsberg Medizin studiert. Nach ausgedehnten Reisen und längerem Aufenthalt in Italien ließ er sich in Berlin nieder. Mentzels medizinische Leistungen machten den Großen Kurfürsten auf ihn aufmerksam. 1660 wurde er zum Kurfürstlichen Rat und Leibarzt ernannt.
Neben seiner ärztlichen Tätigkeit widmete sich Mentzel der Botanik und dem Studium fremder Sprachen. Er wechselte Briefe mit vielen Gelehrten in fernen Erdteilen, so unter anderem mit dem aus Kassel stammenden Kaufmann, Botaniker, Arzt und Japan-Forscher Andreas Cleyer (1634–1697/98), der sich in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts vor allem in Batavia und Nagasaki aufhielt, sowie mit dem Hanauer Botaniker Eberhard Rumpf (1627–1702) auf der Insel Ambon (Molukken, Niederländisch-Indien). Beide waren Vertreter der Niederländischen Ostindienkompanie.
Die chinesische Büchersammlung des Kurfürsten
Kurfürst Friedrich Wilhelm plante, in Berlin ebenfalls eine ostindische Handelsgesellschaft zu gründen. Durch Vermittlung seines Schwiegervaters, des Prinzen Friedrich Heinrich von Oranien, lernte er den holländischen Admiral Arnold Gijsels van Lier (1593–1676) kennen. Dieser hatte bereits mit 16 Jahren im Dienst der Ostindischen Kompanie gestanden und war 1618 Befehlshaber auf Ambon geworden. Van Lier sollte den Kurfürsten nun in seinen Kolonialplänen beraten.
1670 trat Friedrich Wilhelm mit Van Lier in Verhandlungen, um ihm seine chinesischen Bücher abzukaufen. Später kamen weitere Ankäufe hinzu, direkt aus Holland oder auch aus der Sammlung des Orientalisten Christian Raue (1613–1677). Christian Mentzel, der ein großes Interesse an der chinesischen Sprache hatte, machte sich um die chinesische Büchersammlung des Kurfürsten sehr verdient. Um 1685 wurde ihm daher die Verwaltung der Sammlung übertragen, die er bis 1692 innehatte.
Das Porträt wurde erstmals im Berliner Kalender von 1903 veröffentlicht. Darin war ein Exemplar aus dem Kupferstichkabinett des Königlichen Museums in Berlin abgedruckt, das mittlerweile als Kriegsverlust gilt. In der Ostasienabteilung der Staatsbibliothek zu Berlin finden sich heute zwei Exemplare des Porträts.